Das Metropolitan Museum of Art (kurz MET) hat einige spektakuläre Objekte in seiner Sammlung. Das an sich ist noch keine Neuigkeit, die einen alten Mann hinter dem Kachelofen hervor locken würde, aber einige Ausstellungsstücke haben mir dann doch die Sprache verschlagen. Wer sich schon länger in meinem Blog herumtreibt wird sicher ahnen was ich da in den Sammlungen gefunden habe, aller anderen müssen jetzt weiter lesen ;).

Richtig, es sind Würfel. Aber nicht irgendwelche, sondern zwanzigseitige Würfel, Ikosaeder. Gut – ich habe einen ganzen Beutel voll mit diesen Dingern, alle möglichen Farben und Materialien, die Ältesten sind inzwischen 20 Jahre alt. Diese hier aber sind aus dem alten Ägypten und damit ~ zweitausend Jahre alt. Schaut man sich die Würfel an, komme zumindest ich zu dem Schluss, dass ich Würfel besitze, die nur 1% des Alters haben, aber deutlich schlechter aussehen als ihre Vorfahren.

Hergestellt wurden sie zwischen dem 2. Jahrhundert vor Chr.. und dem 4. Jahrhundert nach Chr. aus Schlangenstein, einem Mineral der Serpentingruppe (Wikipedia). Als Schriftzeichen wurden griechische Runen verwendet, was zur aktuellen politischen Situation in Ägypten um Christi Geburt passt (nachzuschlagen bei „Asterix und Cleopatra z.B.)). Was genau damit gespielt wurde lässt sich heute nicht mehr so richtig feststellen. Es gibt Überlieferungen diverser Spiele, die von Römern und Ägyptern gespielt wurden, allerdings findet sich keine explizite Erwähnung eines zwanzigseitigen Würfels1. Erstaunlich sind die Maße des Spielgeräts: 3,2/3,8/3,6 cm – für reine Handarbeit mit Naturmaterialien eine ziemlich beachtliche Leistung.

Der zweite Würfel des MET sieht eher aus wie etwas, das zweitausend Jahre alt ist. Und trotz seines Alters sind auch hier die Maße beachtlich genau: 4,5/4,7/4,9 cm. Im Gegensatz zum ersten Würfel besteht dieser aus Steingut2, was die „Verwitterungserscheinungen“ erklären mag.

Beide Würfel wurden zwischen 1883 und 1906 in Ägypten von einem Missionar namens Reverent Chauncey Murch gefunden, der sie mit in die USA brachte, und nach seinem Tod zusammen mit dem Rest seiner Sammlung vom MET 1910 gekauft.

Verglichen mit den Standard W20 von Chessex scheint sich an der idealen Größe eines zwanzigseitigen Würfels nicht viel getan zu haben: 3,2 – 3,4 cm. Das finde ich persönlich am erstaunlichsten.

Wer einen Blick auf die antiken Spielwaren werfen möchte kann entweder nach New York fliegen oder hier und hier klicken, eine Genehmigung die Bilder direkt verwenden zu können konnte ich mir leider nicht leisten.


1) Die Vorstellung, dass im alten Ägypten irgendwo ein paar Leute zusammen gesessen haben und Rollenspiele spielten, die zweitausend Jahre in der Zukunft liegen finde ich aber irgendwie spaßig – heute spiele ich meinen Level 6 Krankenpfleger, der durch die Gassen Roms läuft und mit seiner Gruppe von Freunden (Lvl 7 Buchhändlerin, Lvl 5 Anwältin, Lvl 6 LKW Fahrer) versucht die geheimnisvollen Machenschaften eines Medienkonzerns aufzudecken, der die politische Macht an sich reißen will.

2) Steingut ist die direkte Übersetzung des im Katalog angegebenen „Faience“. Da Steingut als Unterkategorie der Keramik aber erst im 18. Jahrhundert in England erfunden wurde wird es wohl eher mit „Keramik“ zu übersetzten sein.